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Zum Einwand des Rechtsmissbrauchs gegenüber der Deutschen Umwelthilfe

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass einer Unterlassungsklage der Deutschen Umwelthilfe gegen die Werbung eines Autohauses, die nicht alle gesetzlich vorgeschriebenen Verbraucherinformationen zum offiziellen Kraftstoffverbrauch und den CO2-Emissionen enthält, nicht der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegengehalten werden kann.

Die Deutsche Umwelthilfe e.V. hatte als in die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 Abs. 1 Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) eingetragener Verbraucherverband gegen ein Autohaus, das auf seiner Internetseite ein Neufahrzeug bewarb, geklagt. Das Autohaus verwies für Informationen zum offiziellen Kraftstoffverbrauch sowie den CO2-Emissionen auf einen im Autohaus ausliegenden Leitfaden. Die Deutsche Umwelthilfe sah darin einen Verstoß gegen die Verordnung über Verbraucherinformationen zu Kraftstoffverbrauch, CO2-Emissionen und Stromverbrauch neuer Personenkraftwagen (Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung). Das beklagte Autohaus hielt die erhobene Unterlassungsklage für rechtsmissbräuchlich und in der Sache unbegründet.

Der Bundesgerichtshof hat die auf Fragen der Zulässigkeit der Klage beschränkte Revision des beklagten Autohauses zurückgewiesen. Der Einwand des Rechtsmissbrauchs aus § 8 Abs. 4 Satz 1 UWG** sei vom Berufungsgericht zu Recht verneint worden.

Überschüsse aus einer Marktverfolgungstätigkeit und ihre Verwendung (auch) für andere Zwecke, als die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen im Verbraucherinteresse, seien solange kein Indiz für eine rechtmissbräuchliche Geltendmachung von Ansprüchen, wie der Verbraucherschutz durch Marktüberwachung als Verbandszweck nicht lediglich dazu dient, Einnahmen zu erzielen und damit Projekte zu finanzieren, die nicht dem Verbraucherschutz durch die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen dienen.

Die Zahl von Abmahnungen und Unterlassungsklagen sowie damit erzielte Überschüsse könnten den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs nicht begründen, solange nicht weitere Umstände hinzutreten. Eine Vielzahl von Verstößen gegen eine dem Verbraucherschutz dienende Kennzeichnungs- oder Informationspflicht, setze zur effektiven Durchsetzung von Verbraucherinteressen eine damit korrespondierende Vielzahl von Abmahnungen und – soweit keine Unterlassungserklärungen abgegeben werden – gerichtlicher Verfahren voraus.

Eine den Verdacht des Rechtsmissbrauchs begründende Gewinnerzielungsabsicht folge auch nicht aus der Höhe der Vergütung der beiden Geschäftsführer. Neben den Aufwendungen für eine satzungsgemäße Betätigung der Klägerin machten die Geschäftsführergehälter in den Jahren 2015 und 2016 jeweils nur einen Bruchteil der jährlichen Gesamtaufwendungen der Klägerin aus. Damit sei ausgeschlossen, dass der eigentliche Zweck der Klägerin darin liegt, Einnahmen für Personalkosten zu generieren und nicht Verbraucherinteressen zu verfolgen.

Die vorläufige Streitwertangabe der Klägerin von 30.000 € für die Unterlassungsklage bilde unter Berücksichtigung der insgesamt uneinheitlichen Spruchpraxis der Oberlandesgerichte kein Indiz für eine rechtsmissbräuchliche Anspruchsverfolgung.

BGH, 4. Juli 2019 – I ZR 149/18

Vorinstanzen:

LG Stuttgart, 13. Dezember 2016 – 41 O 31/16 KfH

OLG Stuttgart, 2. August 2018 – 2 U 165/16

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