Produktsicherheit und Produkthaftung

Mit der Globalisierung der Absatzmärkte haben die Produkthaftungsrisiken durch kostspielige Rückrufaktionen und Schadensersatzklagen aufgrund fehlerhafter Produkte stetig zugenommen.

Der regulatorische Rahmen zur Zulassung von Produkten in den einzelnen Märkten ist zudem ständig dichter und die Anforderungen an die Verkehrsfähigkeit einzelner Produkte sind im EU-Bereich immer komplexer geworden. Wir analysieren die maßgeblichen gesetzgeberischen Entwicklungen bereits im Vorfeld und beraten unsere Mandanten bei der Zulassung von Produkten und zu den Anforderungen an Produktsicherheit.

Zur Risikominimierung wirken wir am Aufbau effektiver Qualitätssicherungssysteme mit. Im Schadensfall begleiten wir in Abstimmung mit dem Haftpflichtversicherer die notwendigen Maßnahmen und werden bei der Abwehr von Schadensersatzansprüchen tätig.

Zu unseren Mandanten zählen unter anderem Unternehmen aus den Bereichen Automotive, Pharma, Medizintechnik und Maschinenbau.

  • Beratung zur Zulassung und Verkehrsfähigkeit von Produkten
  • Unterstützung des Produktmarketings im Hinblick auf zukünftige regulatorische Anforderungen im Bereich der EU
  • Schulung im Hinblick auf Instruktions- und Warnpflichten
  • Meldung von Schadensfällen und etwaigen Produktgefahren gegenüber Behörden
  • Steuerung von Rückrufaktionen
  • Abwehr und Durchsetzung von Haftpflichtansprüchen
  • Rückrufaktionen / Notfallpakete
  • Präventive Unternehmensschulung in allen vorgenannten Bereichen
  • Produkt-Compliance
  • Kennzeichnung von Produkten

 

01.10.2021
Neues Kaufrecht und Regelungen für digitale Produkte ab dem 01.01.2022

Ab dem 01.01.2022 treten zahlreiche Änderungen im Kaufrecht, insbesondere für Verbrauchsgüterkäufe über digitale Produkte bzw. Waren mit digitalen Elementen, in Kraft. Aufgrund der Gesetzesreformen ergeben sich für Unternehmen in den unterschiedlichen Vertriebskanälen neue Anforderungen und Pflichten, die bis zum Jahresende umzusetzen sind.

Die Gesetzesnovellen dienen der Umsetzung europäischer Richtlinien, namentlich der Richtline (EU) 2019/770 vom 20.05.2019 über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen sowie der Richtlinie (EU) 2019/771 vom 20.05.2019 über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Warenkaufs, zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/2394 und der RL 1999/44/EG. Inhaltlich betroffen sind neben dem Kaufrecht auch die sonstigen Vertragstypen des BGB, wie beispielhaft Miet-, Dienst- oder Werkverträge, soweit Gegenstand der Verträge die Überlassung bzw. Bereitstellung von digitalen Inhalten ist.

Abgrenzung von digitalen Produkten und Waren mit digitalen Elementen.

Die sachliche Anwendbarkeit der Normen richtet sich im Bereich der hier gegenständlichen Gesetzesnovellen zukünftig danach, ob es sich um digitale Produkten, d.h. digitale Inhalte (z.B. Software, Video-/Audiodateien, elektronische Bücher) oder digitale Dienstleistungen(ASP/Saas, Cloud-Dienste, Plattformen oder soziale Medien) oder um Kaufverträge über Waren mit digitalen Elementen. Letztere sind nach der Legaldefinition Kaufsachen, die in einer Weise digitale Produkte enthalten oder mit ihnen verbunden sind, dass die Waren ihre Funktionen ohne diese digitalen Produkte nicht erfüllen können (z.B. Smart-TV).

Daten als Gegenleistung

Die in den §§ 327ff. BGB kodifizierten, übergreifenden Bestimmungen für digitale Produkte einschließlich etwaiger Gewährleistungsrechte, gelten zukünftig nicht nur für entgeltliche Verträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern, sondern gem. §§ 312, 327 Abs. 3 BGB n.F. auch dann, wenn der Verbraucher dem Unternehmer als Gegenleistung für das digitale Produkte personenbezogene Daten bereitstellt bzw. sich hierzu verpflichtet, sofern solche personenbezogenen Daten nicht ausschließlich zur Erfüllung der Pflichten des Unternehmers oder gesetzlicher Anforderungen verarbeitet werden.

Sachmangelbegriff

Während die Gesetzesänderungen im Wesentlichen allein Verbraucherverträge betreffen, wird ein modifizierter Sachmangelbegriff für das gesamte Kaufrecht eingeführt mit der Folge, dass nunmehr subjektive und objektive Abweichungen gleichrangig einen Mangel der Kaufsache begründen.

Wichtig für den Verbrauchsgüterkauf ist zukünftig zu beachten, dass die Wirksamkeit von sog. „negativen Beschaffenheitsvereinbarungen“ nunmehr eine vorvertragliche Informationspflicht des Unternehmers voraussetzen und eine Abweichung von (objektiven) Anforderungen im Vertrag ausdrücklich und gesondert zu vereinbaren sind.

Updatepflicht

Für digitale Produkte als auch Waren mit digitalen Elementen sehen die Gesetzesänderungen ab dem. 01.01.2022 eine Aktualisierungspflicht vor. Eine solche besteht nicht nur nach Maßgabe der vertraglichen Vereinbarungen (subjektive Anforderungen), sondern auch nach Maßgabe der an die Kaufsache bestehenden objektiven Anforderungen. Demzufolge ist der Verkäufer verpflichtet, dem Verbraucher während des Zeitraums, den er aufgrund der Art und des Zwecks der Ware und ihrer digitalen Elemente sowie unter Berücksichtigung der Umstände und der Art des Vertrags erwarten kann, Aktualisierungen bereitstellen, die für den Erhalt der Vertragsmäßigkeit der Ware erforderlich sind und den Verbraucher über diese Aktualisierungen informieren (sog. Updatepflicht).

Ansprüche des Käufers wegen einer Verletzung dieser Updatepflicht verjähren nach § 475e BGB n.F. nicht vor Ablauf von 12 Monaten nach dem Ende des Zeitraums der Aktualisierungspflicht. Der Verkäufer haftet jedoch dann nicht für Sachmängel, wenn er seinen Aktualisierungs- und miteinhergehenden Informationspflichten nachweislich genügt und ein Sachmangel bei ordnungsgemäßer Installation des Updates durch den Käufer nicht aufgetreten wäre.

Beweislastumkehr und Verjährung

Die bereits aktuell für Verbrauchsgüterkäufe geltende Beweislastumkehr wird grundsätzlich von sechs Monaten auf ein Jahr verlängert.

Darüber hinaus tritt die Verjährung nicht vor Ablauf von vier Monaten nach dem Zeitpunkt ein, in dem sich der Mangel während der Dauer der Verjährungsfrist erstmals gezeigt hat. Eine Verkürzung der Verjährungsfrist bleibt insbesondere für gebrauchte Sachen zulässig, unterliegt zukünftig jedoch denselben strengen Anforderungen wie die Vereinbarung einer negativen Beschaffenheit.

Fazit:

Unternehmen, die digitale Produkte vertreiben oder Waren mit digitalen Elementen verkaufen, wird empfohlen, sich einen Überblick über die neuen gesetzlichen Anforderungen zu verschaffen und die Produkte entsprechend zu qualifizieren. Dies gilt insbesondere auch für solche Produkte bzw. Dienste, die grundsätzlich unentgeltlich erbracht werden. Auf dieser Grundlage werden in den unterschiedlichen Vertriebskanälen entsprechende Anpassungen bezüglich der Informationspflichten und der Allgemeinen Geschäftsbedingungen umzusetzen sein. Darüber hinaus bedarf es ggfs. der Prüfung der Prozesse zur Aktualisierung der Produkte und der diesbezüglichen Abstimmung mit dem Hersteller, der in der Regel für die Bereitstellung der (Sicherheits-)Updates am Ende der Lieferkette verantwortlich ist.

13.03.2021
Garantiehinweise - Bundesgerichtshof fragt beim EuGH nach

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat mit dem Beschluss vom 11.02.2021 dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen vorgelegt, mit denen geklärt werden soll, inwieweit Internethändler Verbraucher über Herstellergarantien für die angebotenen Produkte informieren müssen.

Die Beantwortung der Fragen durch den Gerichtshof der Europäischen Union ist entscheidend für die Informationspflichten im E-Commerce bezüglich möglicher Herstellergarantien. Hierbei geht es um die schon länger diskutierte Frage, in welchen Fällen dem Händler Informationspflichten obliegen. Muss bereits beim Vorliegen einer Herstellergarantie informiert werden oder nur wenn damit auch geworben wird. Darüber hinaus stellt sich die Frage wann damit geworben wird. Reicht bereits ein Hinweis oder wie im vorliegenden Fall ein Link zu einem Produktinformationsschreiben des Herstellers, welches zur Verfügung gestellt wird.

Bei Verstößen gegen etwaige Informationspflichten könnten den Onlinehändlern Abmahnungen drohen (§ 8 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1, § 3a UWG i.V.m. § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EGBGB).

Sachverhalt

Die Parteien vertreiben Taschenmesser im Wege des Internethandels. Die Beklagte bot ein Schweizer Offiziersmesser an. Die Angebotsseite enthielt unter „Weitere technische Informationen“ einen Link mit der Bezeichnung „Betriebsanleitung“. Dieser öffnete ein Produktinformationsblatt mit Hinweis auf die Garantie, welche sich „zeitlich unbeschränkt auf jeden Material- und Fabrikationsfehler (für Elektronik 2 Jahr) erstreckt Schäden, die durch normalen Verschleiß oder unsachgemäßen Gebrauch entstehen, sind durch die Garantie nicht gedeckt.“ Weitere Informationen zur Garantie enthielt das Produktinformationsblatt nicht.

Die Klägerin hat beantragt, der Beklagten zu verbieten, den Absatz von Taschenmessern an Verbraucher mit Hinweisen auf Garantie zu bewerben, ohne hierbei auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers hinzuweisen sowie darauf hinzuweisen, dass sie durch die Garantie nicht eingeschränkt werden, und ohne den räumlichen Geltungsbereich des Garantieschutzes anzugeben.

Die Klage wurde vom LG Bochum abgewiesen, jedoch war die Berufung am OLG Hamm erfolgreich. Der BGH hat nun über die zugelassene Revision zu entscheiden.

Fragen

Löst das bloße Bestehen einer Herstellergarantie die Informationspflicht nach Art. 6 Abs. 1 Buchstabe m der Richtlinie 2011/83/EU aus. Falls dem nicht so ist genügt schon die bloße Erwähnung einer Herstellergarantie im Angebot oder wenn die Erwähnung für den Verbraucher ohne weiteres erkennbar ist.

Besteht eine Informationspflicht, wenn der Verbraucher ohne weiteres erkennen kann, dass der Unternehmer nur Angaben des Herstellers zur Garantie zugänglich macht.

Welche Informationen sind nach Art. 6 Abs. 1 Buchstabe m der Richtlinie 2011/83/EU über das Bestehen und die Bedingungen einer Herstellergarantie zu geben im Vergleich zu den Angaben zur Garantie nach Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 1999/44/EG.

Beschluss v. 11.02.2021, I ZR 241/19

Bei Fragen zu Hinweispflichten im Onlinehandel stehen wir Ihnen gern zur Verfügung.

10.03.2017
BGH zu Herstellerangaben auf Produkten

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass Händler Verbraucherprodukte, auf denen Name und Anschrift des Herstellers fehlen, nicht vertreiben dürfen. Hinsichtlich einer ordnungsgemäßen Kennzeichnung obliegen Händlern Prüf- und Kontrollpflichten. Werden fehlerhaft gekennzeichnete Produkte unter Missachtung der Prüfpflicht dennoch vertrieben, so ist eine Haftung auf Unterlassung, Beseitigung und Schadenersatz möglich.

Sachverhalt

Betroffen war ein Unternehmen, das Kontaktlinsen vertreibt, diese jedoch nicht selbst herstellt sondern von einem Hersteller bezieht. Der Hersteller der Kontaktlinsen gab seinen Namen und seine Anschrift nicht auf den Produkten an. Der betroffene Händler missachtete dies und vertrieb die Produkte trotz fehlender Kennzeichnung.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof entschied, dass Verbraucherprodukte, die den Namen und die Anschrift des Herstellers nicht erkennen lassen, nicht verkauft werden dürfen. Im Grundsatz sei nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) nur der Hersteller zur Angabe von Namen und Anschrift auf Produkten bzw. Verpackungen verpflichtet. Die Kennzeichnung sei notwendig, um Verbraucher umfassend über die Identität des Herstellers zu informieren und eine schnelle Kontaktaufnahme zu ermöglichen.
Nach § 6 Abs. 5 ProdSG müssten Händler jedoch dazu beitragen, dass nur sichere Produkte auf dem Markt angeboten werden. Waren, die nicht den Anforderungen des Produktsicherheitsgesetzes entsprechen, dürften von Händlern nicht vertrieben werden. Die Angabe des Namens und der Kontaktanschrift des Herstellers sei für die Sicherheit von Verbraucherprodukten bedeutend, so der BGH. Händler, die Waren vertreiben, die nicht entsprechend gekennzeichnet sind, verstoßen daher gegen § 6 Abs. 5 ProdSG. § 6 Abs. 5 ProdSG sei als Marktverhaltensregel im Sinne des § 3a UWG zu bewerten. Verbraucher sollen davor geschützt werden, mit unsicheren Produkten in Berührung zu kommen. Händler die dies durch Verletzung der Prüfpflicht missachten, handeln mithin wettbewerbswidrig.

Fazit

Händlern ist zu empfehlen, eigens vertriebene Waren stets zu überprüfen. Nicht ordnungsgemäß gekennzeichnete Produkte sollten nicht vertrieben werden. Werden fehlerhaft gekennzeichnete Waren dennoch vertrieben, so kann der betroffene Händler auf Beseitigung, Unterlassung und ggf. Schadenersatz haften.

BGH, 12.01.2017, Az. I ZR 258/15

Bei weiteren Fragen zu Produktsicherheit und Produkthaftung stehen wir gern zur Verfügung.