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Lebensmittelrecht

09.04.2021
Verbot cannabinoidhaltiger Nahrungsergänzungsmittel

Das VG Mainz (Beschluss vom 23. März 2021, 1 L 85/21.MZ) hat entschieden, dass das Inverkehrbringen von cannabidiolhaltiger Nahrungsergänzungsmittel zunächst untersagt werden darf.

Vorweg ging eine Untersagung des Inverkehrbringens von Produkten, welche Cannabidiol enthielten. Cannabidiol ist ein nicht psychoaktives Cannabinoid aus dem weiblichen Hanf. Die Antragstellerin vertrieb über einen Onlineshop Nahrungsergänzungsmittel, wie Hanföle und Schlaftropfen, die Cannabidiole enthielten. Die zuständige Behörde untersagte ihr den Vertrieb und ordnete sofortige Vollziehung an. Hiergegen ging die Antragstellerin mit Hilfe eines Eilrechtsgesuch vor.

Diesen lehnte das VG Mainz nun ab. Nach Ansicht des Gerichts würde das Inverkehrbringen der Hanfprodukte gegen die europäische Novel-Food-Verordnung verstoßen. Diese Verordnung schreibt vor, dass neuartige Lebensmittel nur in Verkehr gebracht werden dürfen, soweit diese zugelassen und in der Unionsliste geführt werden. Einer solchen Zulassung fehle es hier. Die Produkte seien als neuartige Produkte zu sehen und bedürfen zunächst einer Prüfung und Zulassung.

Das Gericht wies jedoch darauf hin, dass das Verbot nicht auf Grund von möglichen Gesundheitsrisiken rechtmäßig sei, sondern nur auf Grund der fehlenden Zulassung. Die Sicherheit von Produkten mit Cannabidiol müsste im Zulassungsverfahren festgestellt werden.

EuGH Entscheidung vom 19. 11.2020 (C-663/18)

Im November 2020 entschied bereits der EuGH, dass natürlich gewonnenes Cannabidiol nicht als Betäubungsmittel behandelt werden soll. Ein Solches wäre grundsätzlich nicht zulassungsfähig nach der Novel-Food-Verordnung. In Folge der Entscheidung, in der es um E-Zigaretten mit CBD ging, nahm die EU Kommission natürlich gewonnenes CBD auch in die Cosmetic Ingredients Database auf.

VG Mainz Beschluss vom 23. März 2021, 1 L 85/21.MZ

EuGH Entscheidung vom 19. 11.2020 (C-663/18)

Bei Fragen zum Lebensmittel- und Kosmetikrecht stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

24.03.2021
EuGH: Vorabentscheidung zu Pflichtinformationen auf Kosmetika

Produktinformationen müssen nach dem EuGH den Verwendungszweck sowie auch die spezifischen Merkmale eines kosmetischen Mittels aufzeigen. Ein Verweis in den Firmenkatalog durch Symbole auf dem Produkt reicht nicht aus.

Sachverhalt

Vorliegend wurde über ein Vorabentscheidungsersuchen des polnischen Bezirksgerichts Warschau durch das Urteil des EuGH vom 17.12.2020 entschieden. Im polnischen Verfahren versuchte die Klägerin auf Grund eines Mangels von einem Kaufvertrag über Kosmetika zurückzutreten und die Kosten erstattet zu bekommen. Fraglich war ob die Kosmetika hinreichend gekennzeichnet waren und ob ein Verweis in den Firmenkatalog genüge. Der EuGH wurde durch das Bezirksgericht Warschau daraufhin angefragt ob

  1. der Art. 19 Abs. 1 f) der Verordnung (EU) Nr. 1223/2009 dahin gehend auszulegen ist, dass es den gleichen Umfang an Informationen wie Art. 2 Abs. 1 a) verlangt. Hiernach müssten nur der grundlegende Verwendungszweck (Reinigung, Parfümierung, Schutz…) gekennzeichnet werden. Alternativ müssten noch weitere spezifische Merkmale der Kosmetika aufgeführt werden.
  2. Ein Verweis auf den Firmenkatalog durch ein Symbol auf dem Mittel mit Art. 19 Abs. 2 vereinbar ist.

Entscheidung

Der EuGH entschied nun, dass der Art. 19 Abs. 1 f) der Kosmetik-VO weiter auszulegen ist und auch die spezifischen Merkmale des Mittels aufgelistet werden müssen. Der Verbraucher müsse klar über die Anwendung und die Verwendung des Mittels informiert werden, damit dieser die Kosmetika sicher und ohne Beeinträchtigung der Gesundheit verwenden kann.

Der Einsatz von Firmenkataloge als Informationsblatt ist darüber hinaus nicht mit Art. 19 Abs. 2 vereinbar. Der Verweis durch das „Hand mit Buch“ Symbol auf andere Informationsblätter ist nur dann zulässig soweit es aus praktischen Gründen nicht möglich sei die Informationen auf dem Produkt selbst aufzulisten. Organisatorische und finanzielle Schwierigkeiten genügen insofern nicht.

Des Weiteren sei der Verweis nur rechtmäßig wenn diese Informationen auf einem Beipackzettel, Papierstreifen, Anhänger oder Kärtchen direkt bei der Verpackung zu finden sind. Ein allgemeiner Firmenkatalog erfüllt diese Voraussetzung nicht. Der Verbraucher muss direkten Zugang zu den Informationen haben, wenn er sich für ein Produkt informiert.

Wirkung

Die Kennzeichnung von kosmetischen Mitteln ist weiterhin ein Thema das mit Sorgfalt beachtet werden muss. Auch die möglichen Erleichterungen von Kennzeichnungen bedürfen der genauen Prüfung. Dies ist vor allem in den Bereichen des Vertriebs von Kosmetika aus nicht EU Ländern zu beachten, da die gesetzlichen Bestimmungen abweichen und die Verpackungen für den europäischen Markt angepasst werden müssen.

EuGH Urteil vom 17.12.2020, Rs. C-667/19

Bei Fragen zur Kennzeichnung von Produkten stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

18.07.2016
OLG München zur Reichweite des Tabakwerbeverbots

Per Urteil vom 21.04.2016 hat das Oberlandesgericht München bestätigt, dass das Tabakwerbeverbot auch für Unternehmenswebseiten gilt. Tabakhersteller dürfen auf der eigenen Unternehmenswebseite nur sachlich informieren. Direkte oder indirekte Werbung für Tabakerzeugnisse ist verboten.

Ein Tabakhersteller, der auf seiner Unternehmenswebsite u.a. Informationen über sein Unternehmen, seine Firmenphilosophie sowie Berufschancen und sämtliche in seinem Sortiment geführte Tabakprodukte bereithielt, wurde in dem Verfahren von einem Verbraucherschutzverband auf Unterlassung in Anspruch genommen. Der Verband rügte ein verwendetes Bild, auf dem eine gut gelaunte und lässig anmutende, verschiedene Tabakerzeugnisse konsumierende Personengruppe abgebildet war. Die Verwendung des Bildes sei wettbewerbswidrig, da es sich um Werbung handele und diese seit 2007 in der EU verboten sei. Das Oberlandesgericht München entschied, dass das auf der Unternehmenswebsite gezeigte Bild als Werbung für Tabakprodukte einzustufen ist. Entscheidend sei, dass es Tabakherstellern zwar erlaubt sei, eine Unternehmenswebsite zu führen, jedoch dürfe auf dieser lediglich sachlich und faktenbezogen über das eigene Unternehmen berichtet werden. Das vorliegende Bild preise die Tabakwaren des betroffenen Herstellers an und rege indirekt zum Kauf der Produkte an. Insofern liege ein Verstoß gegen das seit 2007 geltende EU-Tabakwerbeverbot vor.

OLG München, 21.04.2016, 6 U 2775/15

Bei Fragen zum Wettbewerbsrecht stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

20.06.2016
Soja-Drink mit Bio-Siegel darf kein gemahlenes Lithothamnium beinhalten

Soja-Drinks dürfen kein gemahlenes Lithothamnium (calciumhaltige Reste einer Seealge nach Absterben) enthalten, sofern sie mit dem Bio-Siegel der EU versehen sind. Dies hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen per Urteil vom 19.05.2016 entschieden.

Geklagt hatte eine Herstellerin aus dem Rhein-Sieg Kreis, die ihrem mit dem Bio-Siegel versehenen Soja-Drink gemahlenes Lithothamnium zufügt. Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) erachtete dies als unzulässig. Hersteller, die Getränke auf Sojabasis produzieren, setzen diesen Getränken teilweise das gemahlene Kalkgerüst der Seealge Lithothamnium zu, da dies einen hohen Anteil an Calciumcarbonat aufweist. Dadurch erreichen die an sich calciumarmen Getränke je nach Dosierung einen Calciumgehalt, der etwa dem Calciumgehalt normaler Vollmilch entspricht. Das Gericht entschied, dass der Zusatz des gemahlenen Lithothamniums gegen gültige EU-Verordnungen über die ökologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen Erzeugnissen verstößt. Konkret handele es sich vorliegend nicht um den Zusatz von unverarbeiteten pflanzlichen Erzeugnissen, deren Verarbeitungsprodukten oder um Zutaten landwirtschaftlichen Ursprungs. Der Zusatz von Algen generell sei zulässig, jedoch würden vorliegend Mineralstoffe, also Stoffe nichtlandwirtschaftlichen Ursprungs zugefügt. Der Zusatz von Mineralstoffen in Bio-Produkten sei allerdings nur dann zulässig, wenn er gesetzlich vorgegeben sei. Dies habe ernährungsphysiologische Gründe. Mangels einer gesetzlichen Vorschrift zur Calciumergänzung von Soja-Drinks, sei der Zusatz von gemahlenem Lithothamnium zu versagen.

OVG NRW, 19.05.2016, 13 A 592/07

01.12.2012
Wein ist nicht immer „bekömmlich“ – Verbotene gesundheitsbezogene Angabe gemäß Health-Claim-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 1924/2006)

EuGH, Urteil vom 06.09.2012, Az. C-544/10 (Deutsches Weinkontor eG/Land Rheinland-Pfalz)

Der EuGH hatte sich in dem Verfahren Deutsches Weinkontor eG/Land Rheinland-Pfalz mit der Auslegung der sogenannten Health-Claims-Verordnung (HCVO) zu befassen. Der Kläger – das deutsche Weinkontor eG – hatte einen seiner Weine, aufgrund eines reduzierten Säuregehaltes, als „bekömmlich“ beworben. Diese Werbung hielt die für die Überwachung des Vertriebs alkoholischer Getränke im Land Rheinland-Pfalz zuständige Behörde für unzulässig, da die HCVO Werbung mit gesundheitsbezogenen Angaben bei alkoholischen Getränken mit mehr als 1,2 Volumenprozent untersagt. Konkret ging es im Verfahren u.a. um die Frage, wie weit der Begriff der gesundheitsbezogenen Angaben im Sinne der HCVO reicht, und ob in der Bezeichnung „bekömmlich“, verbunden mit dem Hinweis auf einen reduzierten Säuregehalt des Weines, eine gesundheitsbezogene Angabe im Sinne der HCVO gesehen werden kann und somit in der Werbung für Wein und andere alkoholische Getränke nicht verwendet werden dürfte.

Der EuGH geht davon aus, dass von dem Begriff der gesundheitsbezogenen Angaben nach Verständnis der HCVO nicht nur positive ernährungsbezogene oder physiologische Wirkungen, die auf eine nachhaltige Verbesserung des körperlichen Zustands abzielen, umfasst sind. Erfasst seien vielmehr auch lediglich vorübergehende Wirkungen, wie etwa eine auf die Zeitspanne der Aufnahme und Verdauung des Lebensmittels beschränkte Wirkung, wie sie von der Bezeichnung „bekömmlich“ suggeriert werde. Die Definition der gesundheitsbezogenen Angabe in der HCVO setze lediglich einen Zusammenhang zwischen einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits voraus und enthalte weder genauere Angaben dazu, ob es sich um einen unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang handeln müsse, noch zu dessen Intensität oder Dauer. Unter diesen Umständen sei der Begriff „Zusammenhang“, ebenso wie die gesundheitsbezogene Angabe als solche, weit zu verstehen.

Fazit:

Nach der Entscheidung des EuGH, der letztendlich über die Auslegung der HCVO als unmittelbar in allen Mitgliedsstaaten geltendes Gemeinschaftsrecht entscheidet, steht fest, dass der Begriff „gesundheitsbezogene Angabe“ bedenklich weit auszulegen ist. Damit fallen auch viele andere Begriffe, die bis jetzt teilweise als selbstverständlich zur Bewerbung eines Produkte verwendet werden in den Anwendungsbereich der Health-Claims-Verordnung und sind unter Umständen unzulässig.