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Geschmacksmuster und Design

29.06.2016
Panoramafreiheit: Keine Urheberrechtsverletzung durch Ablichten und Veröffentlichen des „AIDA-Kussmund“

Das Oberlandesgericht Köln hatte zu entschieden, ob der auf „AIDA“-Kreuzfahrtschiffen abgebildete Kussmund, als Werk, das auf einem fahrenden Schiff angebracht ist, unter die sog. Panoramafreiheit fällt. Die Panoramafreiheit soll ermöglichen, dass jeder Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, fotografieren kann, ohne dabei Urheberrechte zu verletzen.

Geklagte hatte eine Veranstalterin von Kreuzfahrten, deren Schiffe mit einem Mund am Bug sowie Augen und Augenbrauen an den Bordwänden der Schiffe gestaltet sind. Das uneingeschränkte und ausschließliche Recht an der Verwendung, Veränderung und Vervielfältigung dieser besonderen Gestaltung liegt bei der Klägerin. Beklagter war der Betreiber einer Internetseite, auf der Kreuzfahrtausflüge angeboten wurden. Er hatte auf der Webseite ein Foto der Seitenansicht eines AIDA-Schiffes veröffentlicht. Die Klägerin sah sich in ihren Rechten an dem Werk verletzt, verlangte Unterlassung der öffentlichen Zugänglichmachung des Bildes und klagte vor dem Landgericht Köln.

Das Landgericht wies die Klage in dieser Hinsicht mit der Begründung ab, dass § 59 I S. 1 Urhebergesetz (sog. Panoramafreiheit) einschlägig sei. Danach ist es zulässig, Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, mit Mitteln der Malerei oder Graphik, durch Lichtbild oder durch Film zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben.

Das Oberlandesgericht Köln hatte über die Berufung der Klägerin zu entscheiden und stellte klar, dass der Beklagte durch das Veröffentlichen der Fotografie grundsätzlich in die Rechte der Klägerin an dem auf dem Schiff abgebildetem Werk eingegriffen hatte, jedoch wie bereits das Landgericht Köln erläutert hatte, die sog. Panoramafreiheit aus § 59 I S. 1 UrhG greife. Die Richter führten aus, dass ein allgemeines Interesse an der Freiheit des Straßenbildes bestehe, damit jedermann öffentliche Plätze ablichten könne ohne Urheberrechtsverletzungen zu begehen. Dieses allgemeine Interesse sei schützenswert. Ausschlaggebend für eine Anwendung der sog. Panoramafreiheit sei, dass sich das streitgegenständliche Werk „bleibend“ im öffentlichen Raum befinde. Dabei sei das Wort „bleibend“ nicht im Sinne von „ortsfest“ zu verstehen. Vielmehr sei entscheidend, dass das Werk dauerhaft im öffentlichen Raum, nicht aber immer an derselben Stelle bleibe. Die Freiheit der Wiedergabe des öffentlichen Raumes werde stark eingeschränkt, wenn jeweils aufgepasst werden müsse, dass werbetragende Fahrzeuge nicht ins Bild gelangen. Das Gericht wies ferner darauf hin, dass die Tatsache,  dass Schiffe z.B. nachts an nicht zugänglichen Orten liegen, nicht gegen die Anwendung der sog. Panoramafreiheit spreche. Auch der Wortlaut des § 59 I S. 1 UrhG, wonach Wege, Straßen und Plätze betroffen sind, steht der Anwendung nicht entgegen, da der Zweck der Norm das Ausdehnen auf Wasserstraßen rechtfertigt. Aus diesen Gründen könne sich die Klägerin nicht auf eine Urheberrechtsverletzung berufen.

OLG Köln, 23.10.2015, 6 U 34/15

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Dominik Rücker, LL.M.

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Daniel Christian Pohl, LL.M.

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08.11.2013
Schutz von neuartigem Design – Entstehung und Veröffentlichung des Designs dokumentieren

BGH vom 13.12.2012, AZ. I ZR 23/12

Design, das zum Zeitpunkt der ersten Verbreitung in der Öffentlichkeit neu ist und sich im Gesamteindruck von bereits bestehenden Designs unterscheidet, ist für einen Zeitraum von drei Jahren als nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster geschützt, ohne dass das Muster im Register eingetragen werden muss.

Das Recht am Geschmacksmuster liegt grundsätzlich beim Entwerfer. Wird das Muster von einem Arbeitnehmer in Ausübung seiner Aufgaben und nach Weisung des Arbeitgebers entworfen, steht das Designrecht dem Arbeitgeber zu. Bei einem Streit über Verbietungsrechte aus dem nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster haben Unternehmen allerdings häufig Schwierigkeiten, den Nachweis zu erbringen, dass das Muster von einem ihrer Arbeitnehmer erschaffen worden ist.

Nach einer aktuellen Entscheidung des Bundesgerichtshofs trifft denjenigen, der sich auf das Recht des nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters beruft, die volle Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er tatsächlich Inhaber des Rechts ist. Dies war im Fall des BGH dem klagenden Unternehmen, welches sich auf Designschutz berief, nicht gelungen. Weder durch vorgelegte Schnittzeichnungen, noch durch Zeugenaussagen von Mitarbeitern konnte bewiesen worden, dass die betreffenden Arbeitnehmer tatsächlich das Klagemuster – im Fall des BGH ging es um ein Bolero-Jäckchen – tatsächlich entworfen hatten.

Praxistipp:

Designer bzw. Unternehmen, die für Muster Designschutz als nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster in Anspruch nehmen wollen, sollten den Entstehungsprozess des Designs sowie den Zeitpunkt der erstmaligen Verbreitung in der Öffentlichkeit sorgfältig dokumentieren. Sinnvoll ist es, Zeichnungsskizzen und Projektunterlagen von Arbeitnehmern mit deren Namen und Unterschrift sowie Datum zu versehen und in einer Produktakte zu dokumentieren. Ebenso ist der Zeitpunkt der erstmaligen Veröffentlichung des Musters zu dokumentieren.