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Bild-Zeitung und Bild-Online dürfen Facebook-Profilbilder nicht für „Pranger“ verwenden

Im vorliegenden Verfahren hatte die Antragstellerin auf Facebook einen fremdenfeindlichen Eintrag gepostet. Die Antragsgegnerin kopierte den Eintrag mit Namen und Profilbild und veröffentlichte ihn in der Online-Ausgabe ihrer Zeitung gemeinsam mit anderen fremdenfeindlichen Äußerungen. Wörtlich war u.a. zu lesen: „Deutschland ist entsetzt: Ganz offen und mit vollem Namen wird in sozialen Netzwerken zur Gewalt aufgerufen und gehetzt – […] BILD reicht es jetzt: Wir stellen die Hetzer an den Pranger! […].“ Die Antragstellerin rügte daraufhin eine Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts und beantragte, die Veröffentlichung ihres Bildnisses per einstweiliger Verfügung zu verbieten. Das Landgericht München I wies diesen Antrag durch Urteil zurück.

In der Berufungsinstanz sprach das Oberlandesgericht München der Antragstellerin einen Unterlassungsanspruch nach §§ 823 I, 1004 BGB, 22 KUG, Art. 1 I iVm Art. 2 I GG gegen die Verwendung ihres Bildnisses zu.

Das Gericht begründete die Entscheidung damit, dass die Antragstellerin weder ausdrücklich noch konkludent in die Veröffentlichung eingewilligt habe. Die Veröffentlichung eines Profilbilds in einem sozialen Netzwerk sei kein Indiz für eine wirksame Einwilligung in die Veröffentlichung in der Online-Ausgabe einer Zeitung. Darüber hinaus liege auch keine Einwilligung in die Weiterverbreitung eines Fotos durch Dritte außerhalb von Facebook vor, wenn beim Foto-Upload von möglichen Zugriffssperren kein Gebrauch gemacht wird. Die Richter verneinten außerdem die Zulässigkeit der Veröffentlichung aufgrund von § 23 Kunsturhebergesetz. Danach dürfen Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte auch ohne Einwilligung der abgebildeten Person veröffentlicht werden. In dem vorliegenden Kontext ging es zwar um die Flüchtlingskrise als Vorgang mit historischer Bedeutung, jedoch bestehe kein berechtigtes Interesse, die Antragstellerin durch die Veröffentlichung des Profilbildes kenntlich zu machen. Anders zu bewerten sei die schlichte Wiedergabe der Äußerung der Antragstellerin. Es sei Aufgabe der Presse, die Flüchtlingsdebatte in ihrer Berichterstattung aufzugreifen und die Haltung der Bevölkerung kritisch zu würdigen. Die Veröffentlichung des Profilbildes allerdings sei nicht sachbezogen. Außerdem sei zu beachten, dass die Breitenwirkung der Veröffentlichung eines Bildnisses in der Online-Ausgabe der Zeitung weit über das hinausgehe was ein bloßer Facebook-Eintrag erreichen könne.

OLG München, 17.3.2016, 29 U 368/16

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