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EuGH zur Auslegung des Begriffs „ernsthafte Benutzung einer Gemeinschaftsmarke“

EuGH (2. Kammer), Urteil vom 29.12.2012 – C-149/11 (Leno Merken BV/Hagelkruis Beheer BV)

Ebenso wie nationale Marken müssen Gemeinschaftsmarken nach Art. 15 Abs. 1 VO (EG Nr. 207/2009 des Rates vom 26.02.2009) ernsthaft benutzt werden. Sie unterliegen somit dem Benutzungszwang innerhalb von fünf Jahren, gerechnet von der Eintragung an.

In einer aktuellen Entscheidung hat der EuGH die bisher sehr streitige Frage entschieden, welche Anforderungen an eine ernsthafte Benutzung der Gemeinschaftsmarke in territorialer Hinsicht gestellt werden müssen. Der EuGH hat die Auffassung abgelehnt, dass eine ernsthafte Benutzung einer Gemeinschaftsmarke über die Grenzen eines Mitgliedsstaates hinausgehen müsse. Ebenso hat er die bisher vom Rat und der Kommission vertretene Auffassung zurückgewiesen, dass bereits eine ernsthafte Benutzung in einem einzigen Land in jedem Fall eine ernsthafte Benutzung auch in der Gemeinschaft darstelle. Abgelehnt worden ist schließlich die Ansicht, dass für eine ernsthafte Benutzung die Benutzung in einem „wesentlichen Teil“ des Gemeinschaftsgebiets nötig sei.

Der EuGH hat vielmehr zum Ausdruck gebracht, dass der Begriff der ernsthaften Benutzung entsprechend der Hauptfunktion einer Marke, auf die Herkunft der Ware hinzuweisen, auszulegen sei. Danach ist die Ernsthaftigkeit der Benutzung anhand sämtlicher Tatsachen und Umstände zu prüfen, die belegen können, dass die Marke tatsächlich geschäftlich verwertet wird. Die Größe des Gebiets, in dem die Marke benutzt wird ist im Rahmen der Gesamtanalyse nur einer der relevanten Faktoren. Zu prüfen ist insbesondere, ob die konkrete Art der Verwendung im betreffenden Wirtschaftszweig als ausreichend angesehen wird, Marktanteile für die durch die Marke geschützten Waren und Dienstleistungen zu behalten und zu gewinnen. Zu gewichten sind weiterhin die konkrete Art der Waren und Dienstleistungen, die jeweils benutzt werden. Ebenso entscheidend sind das Umfeld des Marktes sowie der Umfang und die Häufigkeit der Benutzung der Marke in den unterschiedlichsten Medien. Sämtliche Einzelaspekte sind unter zusätzlicher Berücksichtigung der territorialen Verbreitung der Waren und der bei der Beurteilung der Frage einer ernsthaften Benutzung heranzuziehen.

Die Entscheidung des EuGH schafft in der Praxis keine erhöhte Rechtssicherheit. Es wird künftig darauf ankommen, jeweils deutlich zu machen, dass unter Berücksichtigung der Merkmale des betreffenden Markes, der Art der durch die Marke geschützten Waren und Dienstleistungen, der Größe des Gebiets und des quantitativen Umfangs der Benutzung sowie deren Häufigkeit und Regelmäßigkeit eine ernsthafte Benutzung der Marke vorliegt. Ob der EuGH nach dieser Entscheidung an seiner bisherigen Praxis festhält, an eine rechtserhaltenden Benutzung tendenziell eher geringere Anforderungen zu stellen (EuGH, GRUR 2006, 582, Rn. 68 ff. – Sunrider) muss die Zukunft erweisen.